Unter Sprachmittlung, wie sie in der gemeinsamen Abituraufgabe zur Anwendung kommt, ist
die adressaten-, sinn- und situationsgerechte Übermittlung von Informationen vom Deut-
schen in die Fremdsprache zu verstehen. Es geht nicht um das Übersetzen von Texten.
Musteraufgabe 4
Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt unterhält die Frankfurter Societäts-Medien GmbH die
englischsprachige Website www.young-germany.de, auf der junge Menschen aus aller Welt
Interessantes und Wissenswertes über den Alltag in Deutschland, Sitten und Gebräuche
erfahren.
Sie machen bei der oben genannten Medien-Gruppe ein Praktikum. Der für diese Website
zuständige Redakteur hat Sie damit beauftragt, einen englischsprachigen Artikel über Bier-
gärten in Deutschland unter der Rubrik „Life in Germany“ zu verfassen.
Stellen Sie auf der Basis des folgenden Zeitungsartikels die historischen Anfänge der
Münchner Biergärten dar und erklären Sie, was das Besondere an diesen Biergärten ist.
Ihr Text soll etwa 250 Wörter umfassen.
Biergarten wird 200 Jahre alt
Die Brotzeit des Menschen ist unantastbar
Mitten im Winter 1812 erlaubte König Max I. Joseph Münchens Brauern, direkt an ihren Lagerkellern einen Ausschank zu eröffnen – und begründete so das bayerische Nationalgut Biergarten. Manche Rechte aus dieser Zeit sind bis heute gültig.
Nicht-Bayern schauen oft ganz schön verdutzt drein, wenn sie im Biergarten das Treiben auf
den Nachbartischen beobachten. Da kommen doch tatsächlich Einheimische mit Picknick-
Körben, holen sich eine Maß Bier und packen dann gemütlich auf ihrer eigenen Tischdecke
ihr mitgebrachtes Essen aus. Käse, Wurst, Butter, Salat, Brot, Essiggurken – es fehlt an
nichts. Und das, obwohl man am Stand nebenan eben diese Speisen doch auch kaufen
könnte. Das Personal schaut gelassen zu. Was in vielen Gastronomiebetrieben undenkbar
wäre und zum sofortigen Rauswurf führen würde, ist in Münchens Biergärten alltäglich: Hier
dürfen Gäste das Essen mitbringen, lediglich die Getränke müssen sie dort kaufen. Dieses
sogenannte Brotzeitrecht hat eine lange Tradition. Es ist so alt wie der Biergarten selbst. Und
der feiert kommende Woche Geburtstag. 200 Jahre wird er alt.
Ganz glücklich ist dieses Datum nicht gewählt, so mitten in der kalten Jahreszeit, wenn in
den Biergärten die Schenken geschlossen und die Bier-Garnituren eingewintert sind. Aber es
ist schriftlich verbürgt. Warum jedoch der bayerische König Max I. Joseph genau am 4. Januar 1812 durch ein allerhöchstes Reskript erlaubte, dass Brauereien ihr Bier direkt am Ort
der Herstellung ausschenken dürfen, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Vorläufer der Biergärten hatte es ohnehin zuvor schon gegeben, der König machte aus dem Gewohnheitsrecht
lediglich ein offizielles.
Wer nach den Ursprüngen des Biergartens sucht, muss weit zurückgehen in die Vergangenheit, bis ins 16. Jahrhundert. Die bayerische Brauordnung von 1539 nämlich legte fest, dass das Bierbrauen nur zwischen dem 29. September, dem Tag des Heiligen Michael, und dem
23. April, dem Tag von Sankt Georg, erlaubt war. Im Sommer war es zu gefährlich. Beim
Brauen werden die Kessel stark erhitzt, die Brandgefahr wäre zu hoch gewesen. Das Verbot
jedoch stellte die Brauereien vor große Herausforderungen, sie brauchten für die Sommermonate einen Biervorrat. Kältemaschinen waren ja noch nicht erfunden, weshalb es auch bis
ins 18. Jahrhundert hinein immer wieder Klagen über die schlechte Qualität des Münchner
Bieres gab.
Die Brauereien legten Bierkeller an, doch auch das war in der Stadt nicht einfach, weil der
Grundwasserspiegel relativ hoch ist. Möglich waren diese Lager nur dort, wo sie in natürliche
Anhöhen gegraben werden konnten. [...] Obwohl die Keller acht bis zwölf Meter tief in der
Erde lagen und dicke Gewölbe sie nach oben abschirmten, war es trotzdem noch zu warm.
Die Brauer pflanzten Kastanien darüber, ihre großen Blätter spendeten ausreichend Schatten. Die Keller blieben kühl, das Bier frisch.
Diese Orte zogen viele Ausflügler aus der Stadt an. Findige Brauer begannen, ihr Bier gleich
dort zu verkaufen. Umliegende Wirte wiederum beschwerten sich über diese unerwartete
Konkurrenz. So wurde der Bierausschank in den 1790er Jahren wieder verboten, abgegeben
werden durften nur noch Fässer, und zwar direkt an die Wirte. Doch daran hielt sich kaum
jemand. Der Streit drohte zu eskalieren. 1812 dann legalisierte der König mit seinem Erlass
die wild entstandenen Biergärten. Dadurch wurde erstmals erlaubt, außerhalb von Gaststättenräumen Bier auszuschenken. Als Zugeständnis an die Nachbargastronomen aber blieb
der Verkauf von Speisen untersagt, die Münchner mussten die Zutaten für ihre Brotzeit
selbst mitbringen.
Das Brotzeitrecht hat sich bis heute gehalten und ist nach Angaben des Kreisverwaltungsreferats (KVR) eines der Hauptmerkmale der geschätzt 110 Biergärten in der Landeshaupt-
stadt. [...]
Das Münchner Tourismusamt hat das kommende Jahr unter das Motto „200 Jahre Biergarten“ gestellt und gemeinsam mit dem Tourismusverband München-Oberbayern ein ganzjäh-
riges Programm entwickelt. [...]
Richtig gefeiert werden kann aber wohl erst in ein paar Monaten, wenn die Temperaturen
wieder steigen.
(601 Wörter)
Quelle: Melanie Staudinger, „Die Brotzeit des Menschen ist unantastbar“, in: Süddeutsche
Zeitung, 30.12.2011
Erwartungshorizont:
Students’ work is to be assessed both in terms of content and language according to the
respective rating scales.
Students are expected to write an article, with a suitable headline, for a website. They should
use topic specific vocabulary as exemplified in the content points below and bear in mind that
the potential addressees are young people from all over the world who might not be familiar
with German customs.
the history of beer gardens:
• origins date back as far as 1539
• beer brewing was allowed only between September 29 th and April 23 rd , as it was too
dangerous in summer
• so people needed to store beer for the summer
• to keep the beer cool and fresh, brewers dug cellars and planted chestnut trees on top
• these places attracted many day-trippers, so clever brewers started selling their beer at
the places where they stored it, which led to complaints by innkeepers
• January 4 th 1812: King Max I. Joseph of Bavaria legalized those “beer gardens”
• as he prohibited the sale of food, patrons had to bring their own
what is so special about beer gardens in Munich:
• even today people are allowed to take their food to beer gardens and do so, something
that would not be tolerated in any other sort of restaurant
• the only things patrons have to buy in the beer garden are their beverages
• this has been a tradition for 200 years now
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