Alle Stimmen für den Sieger
...Die Bürger ..wählen.., wenn sie im kommenden November an die Urnen gehen, sog. Elektoren (electors/electoral delegates), die ihrerseits
erst...den Präsidenten bestimmen. Dieses indirekte Verfahren geht auf Artikel II der Verfassung der USA von 1787 zurück.
Nach gut zweihundertjähriger Tradition werden also in den 50 Bundesstaaten und im District of Columbia, dem Sitz
der Hauptstadt Washington, ... insgesamt 538 Wahlmänner und -frauen gewählt...Sie alle bilden das
Electoral College, das indessen nie als Ganzes tagt.
Nach der Volkswahl im November treffen sich vielmehr im Dezember im Kapitolsgebäude jedes Bundesstaates die jeweiligen Elektoren, um ihre Stimmmen
für den Präsidenten der USA abzugeben. Ihre Stimmzettel werden eingesammelt, versiegelt und an den Präsidenten
des Senats in Washington gesandt.
Dieser zählt sie im Januar in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus aus und verkündet das Ergebnis: Präsident
wird, wer mindestens 270 der 538 Elektorenstimmen auf sich vereint, also eine mehr als die Hälfte. ...
Für die Ermittlung des Resultats gilt nach alter Gewohnheit das Prinzip Alles für den Sieger (the winner takes it all).
Sämtliche Elektorenstimmen eines Staates fallen demjenigen Präsidentschaftskandidaten zu, der dort die Mehrheit
erlangt; in Maine und Nebraska werden allerdings nur zwei Wahlmänner und -frauen auf Staatsebene, die übrigen inden kleineren
Kongresswahldistrikten bestimmt.
Das System führt zu seltsamen Ergebnissen. Beispilelsweise erhielt Präsident Bill Clinton 1996 im Staate New York
nur 50% der Wählerstimmen, aber 100% der Elektorenstimmen, weill er alle anderen Kandidaten hinter sich ließ. Eine zweite
Verzerrung tritt dadurch ein, daß in kleineren Staaten ein Elektor weniger Wähler repräsentiert als in großen. Dies
erklärt sich daraus, daß jeweils zwei Elektorenstimmen für die Senatorensitze unabhängig von der Bevölkerungszahl
vergeben werden.
Viermal, nämlich in den Jahren 1824, 1876 und 1888 (und 2000), ist es deshalb schon vorgekommen, daß aufs ganze Land
gerechnet ein Präsidentschaftskandidat zwar die meisten Wählerstimmen erhielt, aber nicht die meisten Elektorenstimmen.
Aufgrund des indirekten Wahlsystems wurde also, völlig rechtmäßig und unanfachtbar, ein Verlierer zum Präsidenten
bestimmt, der Sieger ging leer aus. ...
In diesem Fall könnte eine weitere Besonderheit wichtig werden. Es gibt keine Vorschrift, das Wählervotum ihres Staates als bindend
zu akzeptieren. Hier und da, zuletzt 1976 und 1988, sind tatsächlich einzelne Elektoren bei ihrer Stimmabgabe abgewichen,
ohne daß dies allerdings viel bewirkte. ...
Aus: Informationen zur Politischen Bildung Nr. 283, 2. Quartal 2004
Das Verfassungssystem der USA
Der Präsident der Vereinigten Staaten von America
Der Kongress - Aufgaben und Befugnisse
Daten zu den Einzelstaaten der USA
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